Schwabentag am Donnerstag

Autor: Samantha Kokolovec

Zeitung: 2015/1

Rubriken: Freizeit, Kultur

Teil 3 der kulturhistorischen Vorträge

Am 16. April führte unser Weg wieder ins Nationalitätenhaus (Osztróvszky utca 6), wo Gábor Váradi diesmal über die Schwaben sprach. Der Schwerpunkt des Vortrags lag auf ihrer Kultur und den verbreiteten Stereotypen.

Wie schon gewohnt, fand wieder zuerst der Leseabend um 17:00 Uhr statt. Eine Tasse Tee oder Kaffee durfte natürlich nicht fehlen. Da wir nur zu zweit waren, wurden keine Zeitungsartikel gelesen und besprochen, sondern wir führten ein Gespräch über die vielen verschiedenen Sprachen. Dabei wurden auch die Dialekte aufgegriffen.

landkarte

Um 18:00 Uhr wurde uns dann von Gábor Váradi eine Tasse schwäbische Sprache angeboten, die wir mit Interesse und voller Neugier austranken. Der Vortrag fing mit den Schwaben im heutigen Deutschland an. Wer sind sie eigentlich? Als Schwaben aufgefasst wird heutzutage grob gesagt die Gegend zwischen dem Schwarzwald im Westen und dem Lech im Osten, dem Bodensee im Süden und der Region Stuttgart im Norden. Jedoch wird Schwaben fälschlicherweise auch gerne mit Württemberg, Baden-Württemberg oder dem bayerischen Regierungsbezirk Schwaben gleichgesetzt. Es gibt Vieles, was sich in ihrer Kultur und in Bezug auf die Stereotypen zu entdecken lohnt. Zum letzteren wurde uns der Schwäbische Gruß bekannt gemacht: „Leck me am *rsch.” Diesen Spruch kann man an vielen Souveniergegenständen sehen, und man hat den Eindruck, man will den Stereotyp, dass die Schwaben gar nicht so nett sind, bestätigen. Es heißt auch, dass sie sparsam und dumm sind, weil sie vieles missverstehen oder eben wortwörtlich nehmen. Daher rühren auch zahlreiche Witze, wie z.B.: „ Ein Mann fragt ein Büblein, wer am Straßenrand weint: – Was weinst du denn, Büblein? – Tränen, was sonst?”. Dann fiel auch der Begriff „Schwabenalter”, mit dem das Alter ab dem vierzigsten Geburtstag eines Schwaben bezeichnet wird. Es heißt, dass der Schwabe erst mit 40 Jahren g’scheit, also weise wird.

Neben diesen Stereotypen wurden auch andere Sprüche von den Schwaben aufgezählt: „Deutscher durch Geburt, Schwabe durch die Gnade Gottes.“ „Ich bin stark und groß durch Spätzle und Soß“. (Dies deutet auf die Nationalspeisen hin.) „Auf die Dauer hilft nur Schwabenpower.“ Manfred Rommel, langjähriger Oberbürgermeister von Stuttgart, sagt über sie Folgendes: „Der Schwabe tut so, als sei er arm, aber er ist beleidigt, wenn andere ihm das glauben.“

Es gibt sehr viele solcher Sprüche, aber neben der lustigen Seite gibt es auch eine traurige und negative. In diesem Fall nämlich den Schwabenhass, der sich neuerdings in Berlin verbreitet. Es sind immer öfter sehr grobe und menschenunwürdige Schriften an Straßenschildern, Häuserwänden zu lesen. Wie z.B: Welcome to Schwabylon.“ In Baden werden sie auch nicht gemocht. Die folgenden Sprüche untermauern das: „ Wir können alles. Außer Hochdeutsch.“ (Bezogen auf die Schwaben.)

Neu war dem Publikum der Begriff „Schwabenkinder“, bei deren Erklärung sich eine überaus traurige Geschichte auftat. Sie wurden auch Hütekinder genannt und waren Bergbauernkinder aus Vorarlberg, Tirol, Südtirol, der Schweiz und Liechtenstein, die bis ins erste Drittel des 20. Jahrhunderts hinein aus Armut alljährlich im Frühjahr durch die Alpen zu den „Kindermärkten“ nach Oberschwaben zogen. Auf diesen Märkten wurden sie dann für eine Saison als billigste Arbeitkräfte von Bauern der umliegenden Regionen angeheuert.

Es gibt aber auch Geschichten über die Schwaben, wie z. B. das Märchen Die sieben Schwaben, in dem es um die Abenteuer von sieben tölpelhaften Schwaben geht. Sie brachen auf, um nach einem Abenteuer zu suchen, und standen einmal vor einem angsteinjagenden Ungeheuer. Wie die Gweschichte sich entwickelt, verrate ich aber nicht. Soviel sei jedoch gesagt, dass es sich lohnt, nachzuschlagen.

Auch im Volkslied Auf de Schwäb’sche Eisenbahne wird die sonderbare Denkweise der Schwaben illustriert. Die wohl bekannteste Version des Liedes handelt von einem Bauern, der seinen Geißbock an den Eisenbahnwagen bindet, damit das Tier dem fahrenden Wagen hinterherlaufe und er keine Fahrkarte für das Tier kaufen müsse. An der nächsten Station jedoch findet er nur noch den abgetrennten Kopf des Tieres vor, den er zornentbrannt dem Kondukteur nachwirft. Dieses Lied kommt auch in der Serie Äffle und Pferdle vor. Es sind zwei Zeichentrickfiguren des Süddeutschen Rundfunks, die mittlerweile zu beliebten Maskottchen des SDR geworden sind.

Nach diesem kleinen Überblick kann bestimmt jeder die folgenden Bilder den Zahlen anordnen.

1)     Schwabenkinder

2)     Die sieben Schwaben

3)     Äffle und Pferdle

4)     Auf de Schwäb’sche Eisenbahne

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Anschließend konnten wir einige von den Kurzfilmen Äffle und Pferdle und anschauen. So konnte man auch ein wenig in die schwäbische Sprache einhören. Gábor Váradi hatte dieses Semester zum dritten mal die Zuschauer mit neuem Wissen beschenkt und mit Humor den Vortrag interessanter gemacht. Nächstes Mal, was gleichzeitig das letzte Mali n diesem Seester sein wird, wird er über den Siebenschläfertag sprechen. Wer sich dafür interessiert, der soll sich schon den 14. Mai merken. Es wird an selber Stelle und zur selben Zeit stattfinden. Alle sind herzlich wilkommen.

Fortsetzung folgt…

  /Samantha Kokolovec/

Fotos: Samantha Kokolovec

Informationen über die vorigen Vorträge sind auf folgenden Seiten erreichbar:

–         http://gema.szegedigermanisztika.hu/2015/03/ein-programm-fur-jeden-dritten-donnerstag-im-monat/

–         http://gema.szegedigermanisztika.hu/2015/03/ein-naturlich-wilder-donnerstag/

Weiteres zum Nationalitätenhaus und zu anderen Programmen findet ihr auf den Seiten:

–         http://www.minority-szeged.hu/

–         http://gema.szegedigermanisztika.hu/2012/09/das-haus-der-minderheiten-in-szeged/

–         http://gema.szegedigermanisztika.hu/2014/10/wahlen-vor-der-tur/

1): d = Hütekinder in Oberschwaben (Foto von Peter Scherer, wohl um 1900)

2): a,  3): b, 4): c