Die Bundeskanzlerin ist Doctor Honoris Causa der Universität Szeged

Autor: Christiana Gules

Zeitung: 2015/1

Rubriken: Germanistik, Kultur

Dr. Angela Merkel an der Andrássy Universität Budapest

Rund 120 Studenten von sechs renommierten ungarischen Universitäten applaudierten der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel am 2. Februar 2015 zu, als Prof. Dr. Gábor Szabó, Rektor der Universität Szeged, ihr die Ehrendoktorwürde überreicht hatte. Der aufschlussreichen Dankesrede der Kanzlerin folgte eine anregende Diskussionsrunde mit den ungarischen Studierenden. Zum Abschluss der Veranstaltung wurde Frau Merkel die Große Andrássy-Medaille von Prof. Dr. András Masát, dem Rektor der Andrássy Universität, übergeben. Die Veranstaltung moderierte Prorektor Prof. Dr. Hendrik Hansen.

Schon 2013 entschied sich der Senat der Universität Szeged, Angela Merkel die Würde des  Ehrendoktors zu verleihen. Zu dieser Entscheidung führten vielfache Anerkennungen der Verdienste der Bundeskanzlerin. Der traditionelle Talar, den Angela Merkel von der Vizerektorin für Bildung, Prof. Dr. Krisztina Karsai überreicht bekam, trägt die drei symbolischen Farben der Fakultäten, die die Verdienste anerkannt haben. Gold steht für die Juristische Fakultät, die die politischen Errungenschaften der Kanzlerin verehrt. Die Anerkennung der Naturwissenschaftlichen Fakultät repräsentiert die grüne Farbe, wobei die wissenschaftliche Arbeit als Physik-Forscherin gewürdigt wird. Schließlich symbolisiert das Königsblau die Dankbarkeit der Philosophischen Fakultät für die Förderung der deutsch-ungarischen Beziehungen in Kultur und Geschichte.

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„Ohne die Wende, ohne die friedliche Revolution wäre ich, glaube ich, nie in die Politik gekommen.“

Die Alma Mater der Bundeskanzlerin ist die Universität Leipzig. Seit den 1970er Jahren arbeitete sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin in der DDR und 1990 startete ihre politische Karriere. Während der Regierung von Helmuth Kohl avancierte Angela Merkel zu Bundesministerin für Frauen und Jugend, danach war sie für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit verantwortlich. 2000 übernimmt Angela Merkel die Rolle der Vorsitzenden der CDU (Christlich Demokratische Union Deutschlands), und seit 2005 bekleidet sie das Amt der Bundeskanzlerin.

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Angela Merkel kann den deutschen Akzent international einbringen

Die Bundeskanzlerin bedankte sich in einer umfassenden Rede für die Verleihung der Ehrendoktorwürde. Dabei erwähnte sie die historischen liberalen und demokratischen Wurzeln Ungarns und, indem sie György Konrád zitierte, platzierte sie Ungarn in den aktuellen europäischen Kontext. „Wir sind reich, weil wir diesen bunten Garten haben.“ Der bunte Garten steht für Europa, für die Gemeinschaft, die aus Vielfalt, Pluralität und Weltoffenheit besteht. Um diese Werte zu bewahren, weist Angela Merkel darauf hin, dass nach Frieden und Freiheit bestrebt werden. Leider seien diese Begriffe, wie die Bundeskanzlerin betonte, keine Selbstverständlichkeiten. Dabei verweist sie auf die aktuellen Ereignisse in Paris und Deutschland (die Tragödie der Charlie Hebdo und PEGIDA). Jedoch soll der islamische Terrorismus nicht mit Ausländerfeindlichkeit und Gewalt bewältigt werden. Wie bedeutend die Stelle der deutschen Kanzlerin in der europäischen Politik ist, zeigt ihre ausgewogene und demokratische Einstellung. In der Opposition soll nicht ein Feind, sondern ein Gegner und ein Mitbewerber gesehen werden, meint sie. Im Laufe einer Zusammenarbeit sollen Kompromisse gefunden werden und somit das „Lebensprinzip“ der Europäer, „das [Prinzip] der Demokratie, der Vielfalt, der Weltoffenheit, der Toleranz“ verwirklicht werden.angela merkel_hendrik hansen_ancsin gábor

Ratschläge der Bundeskanzlerin an die ungarischen Studierenden

In der anschließenden Diskussionsrunde bot sich die Möglichkeit für Studierende, Fragen an die Bundeskanzlerin zu richten. Neben politisch und wirtschaftlich orientierten Fragen interessierten sich die Studenten und Studentinnen dafür, was für Bücher die Bundeskanzlerin zum Beispiel zuletzt gelesen hat oder auf welche Weise sie Stress abbaut. Als Wegweiser schenkte die Bundeskanzlerin den Studierenden mehrere Ratschläge: Ein richtiges Studium und Praxis gelten als grundsätzliche Basis für eine erfolgreiche Karriere, Schlaf und Erholung sollen nie fehlen, aber das Wichtigste ist, dass man dabei, was man tut, immer Spaß und Freude an der Arbeit hat. Als junge Frauen soll man Niederlagen oder Rückschläge nie als persönliche Beleidigungen sehen, sondern als natürliche Phasen, die einen zur Verbesserung verhelfen.

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Dem knapp einstündigen Besuch an der Andrássy Universität Budapest folgte eine Visite bei der  Großen Synagoge. Am nächsten Tag reiste schon die Bundeskanzlerin Angela Merkel in Gesellschaft des französischen Präsidenten François Hollande nach Moskau. Wichtige Verhandlungen mit Wladimir Putin standen angesichts der Ukraine-Krise bevor.

 

/Christiana Gules/

 Fotos: Andrássy Universität Budapest / Gábor Ancsin

http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Rede/2015/02/2015-02-02-merkel-budapest.html

https://www.u-szeged.hu/sztehirek/2015-januar/atvette-szte-diszdoktori

http://www.ustream.tv/channel/merkel-an-andrassy-uni

https://www.flickr.com/photos/kepszerkesztoseg/sets/72157650197613898/