Postkarten im ersten Weltkrieg
Es ist gewiss, dass die Kommunikationsmöglichkeiten im Zeitalter des ersten Weltkrieges sehr beschränkt waren. Heute ist es sehr schwer, sich die damaligen Verhältnisse vorzustellen, deshalb kann man diese Seite des ersten Weltkrieges nur aus Geschichtsbüchern oder aus anderen Quellen erforschen. Als so eine Quelle könnten die Postkarten von damals dienen, die meist von den älteren Mitgliedern der Familien auch nach 100 Jahren noch gehütet werden.
Im ersten Weltkrieg (1914-1918) gab es noch sehr wenige Fernkommunikationsmittel. Damals wurden schon Morse-Apparate verwendet und auch die sogenannten Feldfernsprecher (Telefon) wurden zur dieser Zeit benutzt, aber nur für militärisch-strategische Zwecke.
Dem einzelnen Soldaten blieb nur die Möglichkeit, einen Brief oder eine Postkarte zu schreiben, um mit den Zuhausegebliebenen kommunizieren zu können. Briefe waren aber zumindest bei der k.u.k. (kaiserlich und königlich) Armee strengstens verboten. Der Grund des Verbots war sehr einfach: die Unüberprüfbarkeit der Briefe. Deshalb blieb die einzige Möglichkeit, Postkarten zu schreiben.
Ein Soldat auf Kriegsgebiet konnte bei „Feldpostbeamten“ Postkarten kaufen. Es gab aber auch andere Wege. Zu dieser Zeit waren Postkarten sehr populär, auch bei der Zivilbevölkerung, deshalb gab es auch relativ viele Verkäufer. Manche Fotografen boten sogar an, die Bilder, die von jemandem gemacht wurden, als Postkarte zu drucken. Diese Option war sehr beliebt im Heer. Die Soldaten verschickten Gruppenfotos oder Fotos, auf denen sie stolz mit ihren Auszeichnungen posierten. Es gab auch Postkarten, die zur Ermutigung der Soldaten dienten. Bilder von kämpfenden Männern, die alle Angriffe abgewehrt hatten, Bilder über Heimkehrende, Bilder über Frauen, die von der Heimkehr ihrer Geliebten träumen. Auch Karten über Militärparaden und sogar über Krankenschwestern und auch welche, auf denen man die noch verbleibende Dienstzeit angeben konnte, gehörten zu den Favoriten.
Interessant ist, dass Postkarten in der k.u.k. Armee die Offiziere und die Mannschaftsleute miteinander verbanden, denn auch ein Oberst konnte nur per Postkarte mit seiner Familie kommunizieren. Dies war in dieser Zeit von großer Bedeutung, denn den damaligen militärischen Regeln zufolge waren Offiziere und die anderen Soldaten gesellschaftlich auf unterschiedlichen Ebenen.
Es muss aber auch bemerkt werden, dass im ersten Weltkrieg die Post nur sehr langsam zu den angegebenen Adressen gelangte. Der Zeitraum zwischen dem Verschicken und der Übergabe an den Empfänger war im optimalen Fall ein Monat. Es gab auch Fälle, in denen die Postkarten 4 Monate brauchten – oder gar nicht mehr ankamen. Die Post wurde meistens mit Pferdekutschen transportiert, da die Automobile für wichtigere Zwecke verwendet wurden.
Heute, in der Zeit der digitalen Medien, sind diese Gegebenheiten für manche kaum vorstellbar. Damals hatten aber die Menschen keine andere Wahl. Die Zuhausegebliebenen warteten immer auf Post, nur so konnten sie erfahren, wer von ihren Familienmitgliedern den Krieg überlebt hat. Auch die Soldaten, die in Kriegsgefangenschaft gerieten, hatten die Möglichkeit, Postkarten zu schicken.
In solchen wurden immer die verschiedensten Themen besprochen. Es gab Karten mit Gedichten, einfache Meldungen, dass alles gut ist mit Sätzen wie „Ich lebe noch.“ oder „Alles ist in Ordnung“. Man konnte aber auf solche Postkarten nur ein paar Sätze schreiben und diese durften nur wenig Informationen beinhalten, um die schon erwähnte Zensur umgehen zu können. Die Karten, die nicht durch die Zensur kamen, wurden meistens verbrannt. Es gab auch Kriegsgebiete, in denen die Truppen so isoliert wurden, dass fast keine Kommunikation mit der Umwelt mehr möglich war, zum Beispiel bei den Bergkämpfen an der Isonzofront (Italien). Die Soldaten erkundigten sich auch oft durch dieses Medium, ob zum Beispiel die Verwandten den Krieg überlebten. Für Familien war es aber immer eine große Freude, wenn nach 1-2 Jahren vom Vater eine Postkarte durch den Boten überreicht wurde.
Es gab auch Soldaten, die zuletzt nur eine Postkarte als Abschied schicken konnten und es gab auch viele, von denen keine Postkarte mehr ankam…
/Benedek Béres/
Anm. der Redaktion: Die hier gezeigten Postkarten bilden einen Teil der Sammlung des Autors.