Nationalsozialismus heute: Alles Schnee von gestern?

Autor: László Janzen

Zeitung: 2013/2

Rubriken: Geschichte, Gesellschaft

Der Nationalsozialismus – eine Ideologie, geprägt von Wahnsinn, Gewalt und Hass. Der Begriff Nationalsozialismus bedarf wohl keiner Erläuterung, denn der gebildete Mensch ist sich über seine Geschichte und Auswirkungen im Klaren. Seinen tragischen Höhepunkt erreichte er in einem Land, das bis heute versucht, ihm endgültig den Garaus zu machen. Zwar hat die NS-Ideologie mit dem zweiten Weltkrieg eine schwere Niederlage erlitten, dennoch hat sie bis heute überlebt. Das zeigen zahlreiche Bewegungen wie die Terrorzelle NSU (Nationalsozialistischer Untergrund), die durch die Morde an Menschen mit ausländischen Wurzeln in den vergangenen Jahren beweist, wie präsent die nationalsozialistische Denkweise in Deutschland, unter Einigen, weiterhin ist. Eine andere Organisation, die NPD (Nationaldemokratische Partei Deutschland) versucht den politischen Weg zu gehen. Es ist nicht allein der Name, der an das Regime der NSDAP erinnert.article-0-0033888A00000258-946_468x325

Die NPD wurde bereits 1964 gegründet und galt schon von Beginn an, durch ihre ähnlichen Ansichten und Auffassung mit der NSDAP, als eine sehr umstrittene Partei. Zahlreiche Versuche sie verbieten zu lassen sind bis jetzt gescheitert. Ein neuer Versuch wurde am 3.12.2013 gestartet. Man reichte einen 270 Seiten langen Verbotsantrag beim Bundesverfassungsgericht ein, in dem für die NPD belastende Zitate wie diese zu finden sind: „Angehörige anderer Rassen bleiben (…) körperlich, geistig und seelisch immer Fremdkörper, egal wie lange sie in Deutschland leben“.

Ist aber ein Verbot überhaupt zwingend notwendig und was könnte es bringen? Wie gefährlich kann eine Partei überhaupt sein, die bei der letzten Bundestagswahl gerade einmal auf 1,3% der Wählerstimmen kam?

In der Poltik mag die NPD zwar bundesweit eine untergeordnete Rolle spielen, aber im Hinblick auf ihre Anhängerschaft darf sie keinesfalls unterschätzt werden. Auch wenn sie sich klar von gewaltbereiten rechtsradikalen Gruppierungen wie der NSU abgrenzen will, ist sie dennoch ein Sammelbecken für Neonazis. Wenn man bedenkt, dass schon die Funktionäre der Partei mehrfach vorbestrafte Straftäter sind, kann man sich vorstellen, wie viel Dreck das „Fußvolk“ am Stecken hat. Körperverletztung, Waffenbesitz oder Volksverhetzung sind die häufigsten Straftaten. Ein Verbot der Partei hätte wohl kaum zur Folge, dass sich die Verbrechen in Luft auflösen und keine weiteren mehr folgen, aber es wäre mit Sicherheit der erste Schritt in die richtige Richtung.

Der zweite Schritt, den es zu machen gilt, ist, den Zuwachs durch neue Mitglieder zu unterbinden. Solange die Neonaziszene immer weiter neue Sympathisanten findet, bleibt sie bestehen. Aber wie kann man verhindern, dass sich Menschen dieser Gruppierung anschließen?

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Aufgrund der Vorgehensweise der Neonazis erweist sich dies als schwierig. Der größte Teil schließt sich bereits in der Jugend der Neonaziszene an. Mit moralisch abstoßenden Mitteln werden Jugendliche „rekrutiert“ und wie mit einer Gerhirnwäsche zum gewaltbereiten, ausländerfeindlichen Neonazi abgerichtet. Wie einfach Jugendliche für Zwecke wie diese zu gewinnen sind, zeigt der Film „Die Welle“, der auf einer wahren Begebenheit basiert, eindrucksvoll. Von ihrem (An)führer wird ihnen Disziplin, Kameradschaft und Feindseeligkeit gegenüber Andersdenkenden beigebracht und Gewaltbereitschaft entfesselt. Sie selbst merken gar nicht, dass sie eine totale Persönlichkeitsveränderung durchleben.

Alles beginnt sehr harmlos. Stellen wir uns dazu folgende Situation vor. Ein Jugendlicher wird von einem netten jungen Mann angesprochen, ob er denn Lust hätte, mit seiner Bande abzuhängen. Sie machen natürlich nur „coole“ Sachen, feiern Partys, veranstalten Wochenend-Programme und trinken viel Bier. Wie könnte der ahnungslose Jugendliche zu so einem verlockenden Angebot nein sagen? Und genau das wissen auch die sogenannten Rekrutierer der Neonazis, die auf der Suche nach „Frischfleisch“ sind. Besonders geeignet sind hierfür Jugendliche, die aus einem schwierigen sozialen Umfeld kommen. Die fehlende Zukunftspersektive oder die Suche nach Anerkennung werden von den Rekrutierern schamlos ausgenutzt. Es ist nicht immer der persönliche Kontakt, den sie aufsuchen. Sie versuchen auch über verschiedene Internetplattformen und Chatforen die Jugendlichen zu erreichen.neonazis-missbrauchen-soziale-netzwerke-image_580x325

Natürlich wird den Jugendlichen anfangs nichts über die wahren Absichten verraten. Diese werden ihnen ohne ihr Wissen häppchenweise eingetrichtert. Rechtsradikale Musik und Propaganda-Videos gehören zu den beliebten Mitteln, Jugendliche glauben zu lassen, dass der radikale Weg der richtige ist. Viele merken erst, dass sie die Kontrolle verloren haben, wenn es schon zu spät ist oder sie den Bezug zur Realität völlig verloren haben. Gewaltbereitschaft und Menschenfeindlichkeit bestimmen ihr Leben.

Hat man die Jugendlichen auf ihrer Seite, beginnt die nächste Stufe der „Ausbildung“. Vereine wie die HDJ (Heimattreue Deutsche Jugend, die jedoch seit 2009 offiziell verboten ist) übernehmen diese Aufgabe. Die Parallele der Abkürzung zu HJ (Hitlerjugend) ist hierbei kein Zufall. „Rekrutierte“ Jugendliche werden in Zeltlagern mit Uniformen ausgestattet, es werden Fackelmärsche organisiert, es wird viel rechtsradikale Musik gehört und das wichtigste ist die Möglichkeit für die Anführer, so die Denkweise der Jugendlichen zu beeinflussen.54327393-198x148

Und wer einmal in die Neonaziszene abgleitet, kommt so schnell nicht wieder raus. Vergleichbar ist diese Situation mit Sekten. Durch Einschüchterung wird versucht, die Mitglieder um jeden Preis zu binden, da diese durch ihr Insider-Wissen eine Gefahr für die Machenschaften der Neonazis bedeuten können.

Nicht nur Deutschland ist von dem Aufstreben der rechtsradikalen Gruppierungen betroffen. Frankreich, Griechenland oder auch Schweden haben mit denselben Problemen zu kämpfen. Es ist eine schwierige Aufgabe, diesen Kreislauf zu stoppen. Die Aufklärung der Kinder durch die Eltern, der Schulen oder Jugendschutzgruppen sollte die vorrangigste Initiative sein. Ob das Verbieten einer Partei, die Aufklärung Jugendlicher oder Demonstrationen gegen die Neonaziszene dazu führen, dass man künftig nur noch in Geschichtsbüchern über den Nationalsozialismus liest, bleibt aber leider zu bezweifeln.

Bildquellen:

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/László Janzen/