Ein Vortrag von Karolina Zuchewicz
Ein interessantes Thema, ein Aufmerksamkeit erregender Vortrag, ein spannender Abend. Am 27. November 2013 hat Frau Karolina Zuchewicz den Interessierten einen Einblick in den Zusammenhang der Modalität und Zeitkonstitution im Polnischen ermöglicht. Die linguistische Werkstatt der Akademie der Wissenschaften bot damit auch den Germanisten eine gute Gelegenheit, ihre sprachwissenschaftlichen Kenntnisse außerhalb der Universität zu erweitern.
Wie sich bei der Vorstellung von Herrn Dr. Andreas Nolda herausstellte, ist die Vortragende zurzeit Austauschstudentin an der ELTE in Budapest, hat ihr Master-Studium in Linguistik aber an der Humboldt-Universität zu Berlin fast abgeschlossen und ist darüber hinaus auch im Zentrum für Allgemeine Sprachwissenschaft in Berlin beschäftigt. Das Spektrum ihres Interesses reicht von den afrikanischen Sprachen über das Präfix miss- bis zum Satzmodus.
In diesem Vortrag hat sie aber Besonderheiten ihrer Muttersprache hervorgehoben, was zu einem anregenden Vergleich des Deutschen und des Polnischen führte. Nach der Klärung der einschlägigen Terminologie wurde der Unterschied zwischen deontischen und epistemischen Modalverben mit auf dem Handout gut verfolgbaren Beispielen erläutert. Der andere zentrale Begriff, nämlich der der Zeitkonstitution lässt sich aufgrund der Zielorientiertheit auch in zwei Gruppen teilen, telisch (zielorientiert) und atelisch (nicht-zielorientiert).
Die Hauptfrage von Frau Zuchewicz war, ob man aus der Zeitkonstitution auf die Modalität schließen kann. Genauer gesagt, ging es darum, ob telische Prädikate die deontische Lesart eines Modalverbs erzwingen bzw. atelische die epistemische. Um diese Hypothese zu untersuchen, hat sie zwei Verben, popisać und napisać, näher betrachtet, wobei das erste atelisch und das zweite telisch ist; beide haben jedoch die gleiche Grundbedeutung: ‚schreiben‘. Diese Wörter zeigen aber auch die Eigenschaft des Polnischen, dass Zeitkonstitution hier in der Regel morphologisch ausgedrückt wird, während Zeitkonstitution im Deutschen in der Regel syntaktisch markiert werden würde, wie etwa in ab und zu schreiben oder fertig schreiben.
Dabei zeigte es sich, dass die Beziehung zwischen telischen Prädikaten und deontischer Lesart restriktiver zu sein scheint als bei atelischen Prädikaten, die einen größeren Interpretationsspielraum zulassen. Zur Absicherung dieser Hypothese bedarf es allerdings noch weiterer empirischer Untersuchungen.
Interesse zu wecken, gelang aber der Vortragenden auf jeden Fall. Davon zeugen die vielen Fragen, die von den Dozenten und Dozentinnen gestellt worden sind. Sowohl terminologische Punkte, als auch zukünftige Pläne bzw. kontrastive Möglichkeiten kamen so zur Sprache. Am überraschendsten war aber vermutlich die Bemerkung von Frau Katona für das Publikum, die sich als Literaturwissenschaftlerin nach dem möglichen Einfluss von trochę (dt. ein bisschen) erkundigt hat.
Alles in allem ist es bestimmt ein spannendes Thema, was die Diskussion auch zum Ausdruck gebracht hat. Der Vortrag mit den Anmerkungen und weiterführenden Fragen war für Frau Zuchewicz hoffentlich hilfreich, für das Publikum war er bestimmt eine sehr gute Möglichkeit seinen Horizont in der Linguistik zu erweitern. Wir freuen uns auf weitere ähnlich interessante Gelegenheiten, die unser Studium ergänzen.
/Dóra Kata Takács/