Die neue Helikon-Nummer und die Forschungsgruppe für kognitive Poetik in Szeged
Der zweite Band der literaturtheoretischen Zeitschrift Helikon wurde in diesem Jahr mit dem Titel „Kognitive Literaturwissenschaft” veröffentlicht. Schon beim Aufschlagen des Buches weckte der folgende Satz meine Aufmerksamkeit: An unserer Universität gibt es eine Forschungsgruppe für kognitive Poetik. Doch was ist der Zusammenhang, worum geht es genauer in diesem Band und womit beschäftigt sich diese Forschungsgruppe? Während eines netten Gesprächs mit Dr. Márta Horváth und Dr. Erzsébet Szabó, den zwei Herausgeberinnen der aktuellen Helikon – Nummer, versuchte ich Antworten auf diese Fragen zu bekommen.
Helikon ist die Zeitschrift der Ungarischen Akademie der Wissenschaften (MTA) und sie erscheint viermal im Jahr. Ihr Profil ist literaturtheoretisch geprägt, weshalb sie thematische Bände zu den neuesten Forschungsergebnissen auf diesem Gebiet veröffentlicht. Im aktuellen Band (2013/2) geht es um einen der neuesten und spannendsten Ansätze, die kognitive Literaturwissenschaft. Die Redakteurinnen Frau Horváth und Frau Szabó sagten, die Zeitschrift Helikon bietet eine gute Möglichkeit, selbständige Studien zu veröffentlichen, und ermöglicht gleichzeitig einen Einblick in die internationale Theoriedebatte. Die Zusammenstellung eines solchen Bandes ist natürlich nicht leicht, die Arbeit dauerte gute zwölf Monate. Man muss zunächst die Beiträge aussuchen, dann Übersetzer finden, die eingesandten Beiträge korrigieren und schließlich die Druckfahne redigieren. Laut Frau Horváth wurden solche Übersetzer gewählt, die bereits einige Vorkenntnisse in diesem Themenbereich hatten, aber die Dozentinnen haben auch Studierenden die Möglichkeit gegeben, an dieser Arbeit teilzunehmen
Zwar ist der Aufbau des Bandes schon im Voraus festgelegt, die Redakteurinnen haben jedoch versucht, den Band so vielfältig wie möglich zusammenzustellen.
Am Anfang finden wir einen von den Herausgeberinnen verfassten Überblick über die Grundthesen der kognitiven Literaturwissenschaft, dann folgen verschiedene Abhandlungen zum Thema. Man erfährt, wie verschiedene Nationen dieses Thema betrachten, so wurden Essays von angelsächsischen, deutschen, französischen oder israelischen Wissenschaftlern gewählt.
Warum brauchen wir kognitive Wissenschaften? Welche Fragen der Narratologie können mit ihr beantwortet werden? Was ist kognitive Poetik? Was für eine Rolle kann die Evolution in diesem Bereich spielen? Um solche Fragen geht es in diesem Teil.
Den Übersetzungen folgt die Rubrik „Rundschau”, in der ungarische Forscher über umfassende Forschungsrichtungen und Fragestellungen der kognitiven Literaturwissenschaft berichten. Von unserem Institut können wir Artikel von Dr. Judit Szabó über das Verhältnis zwischen Narration und Emotionen lesen; Dr. habil. Endre Hárs präsentiert den Begriff des Schemas in der Narratologie aufgrund einer Schrift von Brigitte Rath.
Dieser Band der Zeitschrift Helikon gilt als das erste offizielle Auftreten der Forschungsgruppe für kognitive Poetik unserer Universität in Ungarn – erläuterte Márta Horváth, die Leiterin der Gruppe. An der Konferenz „Universalien“ (Szeged 2012) traten die Mitglieder der Gruppe aus unserem Germanistischen Institut zum ersten Mal international als Forschungsgruppe auf. Obwohl noch einige juristische Prozeduren nötig sind, hat der Fakultätsrat die Gründung der Forschungsgruppe in erster Instanz akzeptiert. Dies gilt als ein großer Aufstieg für die Gruppe.
Zu den Begründern gehören Dr. Márta Horváth, Dr. Erzsébet Szabó, Dr. Judit Szabó und Dr. habil. Endre Hárs. Seitdem kamen neue Mitglieder dazu, wie Dr. Tamás Kispál, der sich mit der kognitiven Linguistik, besonders mit kognitiven Metaphertheorien beschäftigt. Von außerhalb des Instituts ist Prof. Dr. András Bálint Kovács mit dem Schwerpunkt „Filmtheorie” Mitglied, Dr. Ákos Seress’ Hauptinteresse liegt auf dem Gebiet der Theaterwissenschaften. Die Forschungsgruppe möchte auch Arbeitskontakt mit dem Institut für Psychologie über Dr. Ágnes Szokolszky und Dr. Orsolya Papp-Zipernovszky herstellen, die sich für die kognitiven Aspekte und die Narratologie interessieren. Wie man sieht, ist die Gruppe sehr heterogen. Als „Mentor” wird Reuven Tsur erwähnt, der sich seit Jahren mit diesem Thema beschäftigt. Ausgesprochen wichtig ist zu wissen, dass interessierte Studierende zukünftig auch die Chance haben werden, bei diesem Projekt mitzumachen.
Momentan sind die zwei Dozentinnen des Germanistischen Instituts und ihre Kollegen begeistert davon, neue Themenbereiche in diesem Kontext zu erschließen. Sie möchten Linguistik, Literatur-, Medien- und Kulturwissenschaften aus kognitiver Sicht untersuchen. Ziele und genauere Forschungsthemen der Gruppen sind kaum begrenzt. Ein aktuelles Projekt bezieht sich auf die narrative Motivierung, das in Zusammenarbeit mit der Institutspartnerschaft der Georg-August-Universität Göttingen verläuft. Das Forschungsteam gewann nämlich ein Stipendium der Humboldt-Stiftung und dies bedeutet eine große Förderung. Die Ergebnisse der vorangehenden Arbeit werden nächstes Jahr im September in Göttingen in Rahmen einer internationalen Konferenz („Narrative Motivierung. Biologische Grundlagen und kulturelle Entwicklungen”) präsentiert.
Auf die Fragen in Bezug auf weitere Ziele verkündete Frau Horváth, dass die Forschungsgruppe gleich nach der Gründung einen Workshop halten möchte, während dessen sich die Mitglieder der Gruppe besser kennen lernen können. Ein weiterer Wunsch wäre eine Online-Seite, wo die anstehenden Projekte und Ergebnisse publiziert werden könnten, später möchte die Gruppe auch Konferenzen organisieren. Schließlich betonten unsere Dozentinnen, wie gerne sie auch mit Studierenden zusammenarbeiten würden. Es lohnt sich mitzumachen, falls man sich für den Bereich interessiert, denn wir Studierende hier an der Uni Szeged bekommen auf diese Weise einen tiefen Einblick in das wissenschaftliche Leben sozusagen auf dem Silbertablett serviert.
/Judit Bognár/