2015 wird das 200. Jubiläum des Wiener Kongresses gefeiert. Aus diesem Anlass wurde eine Kunstausstellung in der Klebelsberg-Bibliothek der Universität Szeged organisiert. Sie galt jedoch nicht nur als eine Ausstellung für bildende Kunst, sondern bot auch viele Sachinformationen über das Europa nach den Napoleonischen Kriegen. Ein Blick auf die Ausstellung wird so zu einem Blick in die Vergangenheit.
Die Ausstellung mit dem Titel A Bécsi Kongresszus (Der Wiener Kongress) wurde am 12. Oktober 2015 durch Frau Dr. Katalin Keveházi, Direktorin der Klebelsberg-Bibliothek, im Rahmen eines Begleitprogramms eröffnet, das mit Hilfe einer Kooperation des Lehrstuhls für Österreichische Literatur und Kultur, der Österreich-Bibliothek, der Klebelsberg-Bibliothek und des Österreichischen Kulturforums Budapest entstand. Parallel zur Szegeder Ausstellung gab es auch in Wien vom 9. Juni bis zum 31. Oktober 2015 eine Wechselausstellung über den Wiener Kongress mit dem Namen „Idee Europa – 200 Jahre Wiener Kongress“.
Die interessierten Anwesenden (vor allem Studierende, Dozentinnen und Dozenten) bekamen ein umfassendes und nachvollziehbares Bild über das außerordentliche Ereignis, das als Wiener Kongress in die Geschichte eingegangen ist. Spannend war dabei, dass nicht trockene Geschichtsdaten und -fakten referiert wurden, sondern dass wir erfuhren, wie die Beteiligten des Kongresses damals wirklich lebten. Gesellschaftliche Änderungen wurden angesprochen: Die Stärkung der bürgerlichen Gesellschaft, die kapitalistische Wirtschaftsentwicklung und der rasche Fortschritt in Kultur und Wissenschaften schufen vorteilhafte Bedingungen für eine Umwandlung der Gesellschaft.
Nach der Eröffnung konnten die prächtigen, zur Schau gestellten Plakate eingehend betrachtet werden. Sie boten nicht nur vielfältiges visuelles Anschauungsmaterial über das zerrissene Europa, sondern auch viele Textelemente darüber, wie die Leute damals ihre Tage zubrachten, welche Wirkungen die Napoleonischen Kriege auf die Kunst hatten oder wie die politische Gliederung nach den Kriegen aussah.
Des Weiteren gab es im Rahmen des Programms zwei Vorträge. Zum einen ging Herr Prof. Dr. Károly Csúri auf ausgewählte Themen und Aspekte der Ausstellung, wie Kultur, Kunst, Politik, Gesellschaft in der Zeit um 1815, näher ein.
Prof. Dr. Károly Csúri eröffnet die Ausstellung
Im Anschluss daran sprach Herr Prof. Dr. Gábor Erdődy, Prorektor der Budapester Eötvös Loránd Universität (ELTE) und Mitglied der Ungarischen Akademie der Wissenschaften (MTA), zu diesem Thema. Herr Erdődy betonte als Verdienst des Kongresses, dass er es geschafft habe, einen außergewöhnlich lange anhaltenden Frieden zu sichern. Hinsichtlich der Gesellschaft und der Wirtschaft gab es keine Veränderungen, aber in Politik und Diplomatie musste man mit vielen Änderungen rechnen. Dieser Prozess war sehr komplex: das Bürgertum bekam die Macht, die Industrielle Revolution hielt Einzug und das Rechtssystem veränderte sich.
Prof. Dr. Gábor Erdődy beim Vortrag
Am 1. Oktober 1814 öffnete der Wiener Kongress: zahlreiche Fürsten und Regierungschefs fuhren nach Wien, um am größten Treffen des 19. Jahrhundertes teilnehmen können. Das schriftliche Endergebnis wurde erst Monate später, am 9. Juni 1815, von den fünf damaligen Großmächten (Großbritannien, Österreich, Russland, Preußen, Frankreich) bzw. zusätzlich von Schweden, Portugal und Spanien unterzeichnet. Dieses Dokument war die sogenannte Schlussakte, die Vorgaben enthielt, die für ganz Europa Geltung beanspruchten. So entstand eine politisch durchaus innovative Reorganisierung: Neue Pufferstaaten kamen zustande und die Deklaration über das Verbot der Sklavenhaltung wurde akzeptiert.
Folgende war Herr Erdődys Konklusion über 200 Jahre Wiener Kongress: In Europa entstand ein neues, funktionsfähiges und erfolgreiches System, das nicht nur auf Politik und Gesellschaft, sondern auch, wie die Ausstellung erfolgreich veranschaulichte, auf Kunst und Kultur eine nachhaltige Wirkung zeitigte.
/Enikő Mikis/
Quelle der Bilder: Enikő Mikis