Herrenlos in Ungarn, geliebt im Ausland

Autor: Fruzsina Halasi

Zeitung: 2013/1

Rubrik: Freizeit

Zurzeit leben 285 Hunde im Tierheim Békéscsaba. 4 Pfleger und 2 Hilfsarbeiter werden beschäftigt, aber die Freiwilligen haben auch sehr wichtige Aufgaben bei der täglichen Arbeit – ohne sie könnte das Tierheim keine Tiere retten. Die jüngsten Bewohner sind 3 Tage alt: 5 neugeborene Welpen wurden vor 2 Tagen in einer Plastiktüte, am Rande der Stadt ausgeworfen. Der älteste Bewohner ist dagegen 15 Jahre alt. Seit 2007 wohnt Bence, der ängstliche Labrador-Mix im Tierheim, damit ist er der Rekordhalter.

Nur einige Daten, die uns über das Leben der herrenlosen Hunde ein genaueres Bild geben. Das Tierheim Békéscsaba – vielen anderen ungarischen Tierschutzorganisationen ähnlich – hat aber auch eine deutsche Partnerorganisation, die in Deutschland Herrchen für Hunde aus Ungarn sucht, so haben seine Bewohner doppelt so große Chancen: Für sie wird nicht nur in Ungarn, sondern auch in Deutschland ein neues Zuhause gesucht. Darüber hat die Sekretärin des Tierheims, Katalin Gubis erzählt.

 Wie heißt die deutsche Partnerorganisation und seit wann arbeitet sie mit dem Tierheim zusammen?

Sie sind die Fellfreunde, aber sie sind in der Tat keine Organisation, sie sind eine Gruppe von Tierfreunden, die sich zusammenschlossen und eine Webseite bzw. eine Galerieseite machten. Die ungarischen Organisationen laden die Charakterisierung der Hunde auf der Webseite hoch, dann werden diese Beschreibungen ins Deutsche übersetzt. Wir arbeiten mit ihr seit 2010 zusammen.

• Wie viele Hunde wurden in diesen drei Jahren in Deutschland adoptiert?

Ihre Zahl liegt bei 300, sie sinkt aber ein bisschen in der letzten Zeit, weil Hunde durch diese Organisation nicht nur aus Ungarn, sondern auch aus Bulgarien, Rumänien und Spanien gerettet werden, darüber hinaus sollen wir auch mit einer „Marktsättigung” rechnen.

• Was für Hunde dürfen auf der Webseite inseriert werden?

Darüber entscheidet das Tierheim selbst. Hunde, mit denen auch wir nur schwierig umgehen können – weil sie zum Beispiel sehr ängstlich sind – werden nicht annonciert, weil für sie schon die Fahrt nach Deutschland selbst eine große Stresssituation wäre. Meistens wollen die Deutschen kleine Hunde adoptieren. Ich kann sagen, dass nicht nur Welpen adoptiert werden, häufig wählen die deutschen Familien ältere, manchmal auch sehr alte Hunde, die bei uns schon chancenlos wären.

• Wie geht die Adoption?

Wenn eine deutsche Familie einen Hund auf der Webseite auswählt, wird das uns von unserer Partnerorganisation gemeldet, so wird der Hund reserviert. Dann vergehen bis zur Ausfahrt oft 1-1,5 Monate. Wenn der ausgewählte Hund noch nicht sterilisiert ist, wird er während dieser Zeit operiert. Alle Hunde bekommen Reisepässe und dann werden sie mit dem Auto, unter den entsprechenden Umständen nach Deutschland befördert.

• Warum wollen die Deutschen Hunde aus Békéscsaba adoptieren?

Das wissen wir nicht genau. Was ein sehr großer Vorteil für unsere Schützlinge ist, dass, wenn jemand so unbesehen einen Hund auswählt, er sich die Sache sicherlich gründlich überlegt hat. Das führt dazu, dass unsere Schützlinge aus Deutschland nie zurückkommen. Wir hatten nur einen Fall, in dem es mit dem adoptierten Hund Probleme gab, aber mithilfe der Fellfreunde-Aktivisten haben die neuen Herrchen eine Hundeschule besucht, und mit der Zeit kam dann alles in Ordnung. Im Gegensatz dazu kommen aus Ungarn die Hunde oft zu uns zurück, weil die Lebensumstände sich nach einigen Jahren verändern oder weil die Herrchen keine Geduld mehr haben. Die Tierhaltungskultur ist im Westen höher als bei uns, nicht so viele Hunde leben in den Tierheimen, die Leute schätzen sie sehr.

• Was für Rückmeldungen bekommt das Tierheim von den neuen deutschen Herrchen?

Die Familien schicken den Fellfreunden Fotos, die dann an uns weitergeschickt werden. Auf den Fotos sieht man immer, dass die Hunde unter sehr guten Umständen leben.

• Welche Erfahrungen hat das Tierheim mit den deutschen Herrchen?

Sie warten immer sehr auf ihren Hund, sie weinen oft, weil sie so froh sind, ihren neuen Liebling endlich umarmen zu können.

• Haben Sie Lieblingsgeschichten?

BodriBodri, den 5-6 Jahre alten Pumi-Mix wollte sein Herrchen einschläfern lassen, er wurde vor dem Tod gerettet. Er kann sein Leben dem Tierarzt verdanken, der statt den Hund zu töten, das Tierheim angerufen hat. Er war schmutzig, ungepflegt, wir brauchten spezielle Mittel, um ihn einfangen zu können. Hier schoren wir ihm dann das ungepflegte Fell ab und in kurzer Zeit lernte er mit den anderen zu kommunizieren. Das Personal sah so, dass Bodri noch lange froh in einer Familie leben konnte, deshalb haben wir ihn auch in Deutschland annonciert.  Jetzt lebt er bei seiner neuen deutschen Familie.

HariMiaIch möchte noch die sehr traurige Geschichte von Hari und Mia, den zwei Hündinnen erzählen. Sie lebten 3,5 Jahre lang bei uns, sie waren Geschwister und hatten eine sehr enge Beziehung zueinander. Wenn wir sie voneinander trennten, haben sie jaulend einander gesucht. Sie durften nur zusammen adoptiert werden, wir hatten deshalb eine besonders schwere Aufgabe. Vor 3-4 Monaten geschah dann ein Wunder, sie fuhren zusammen nach Deutschland, zu ihrer neuen Familie. Vor einigen Tagen bekamen wir dann die schlechte Nachricht, dass Hari plötzlich, ohne Anzeichen starb. Mia blieb alleine, ohne ihre Schwester. Hari konnte nur 3 Monate ihr Glück genießen.

GáspárUnd die Geschichte von Gáspár. Er kam teils ohne Haare und abgeschwächt zu uns, er war sehr ungepflegt. Er entfloh auch dem Tierheim. Nach ein paar Tagen fanden ihn die Feuerwehrmänner in einem Zaun feststeckend, sein Schwanz musste amputiert werden. Im Tierheim war er dann noch lange ängstlich. Er lebt jetzt auch bei einer deutschen Familie.

Anhand des persönlichen Berichts der Sekretärin, ist zu sehen, dass helfende Hände immer gebraucht werden. In Ungarn leben mehr als 2 Millionen Hunde auf den Straßen oder in Tierheimen. In jeder größeren Stadt gibt es Tierheime. Wenn man auch selber helfen möchte, aber keine Möglichkeit für die Adoption hat, kann man das auch anders tun: An den Wochenenden 2-3 Stunden mit den herrenlosen Hunden verbringen, Gassi gehen, Liebe geben und viel mehr davon zurückbekommen oder manchmal Hundefutter spenden – all diese Sachen sind eine große Hilfe für die Organisationen.

gubis katalinKatalin Gubis und ihre Schützlinge

/Fruzsina Halasi/