Mosaikreise

Autor: Szabina Lívia Danics

Zeitung: 2013/1

Rubrik: Freizeit

Denken wir daran, wie viele Male man dem Ausdruck “deutsche Nationalität” begegnet ist. Fangen wir damit etwas an? Machen wir uns Gedanken darüber, was das bedeuten könnte? Beschäftigt uns diese Frage als Germanistikstudierende? Ehrlich. Es bewegt uns irgendwie, wir wissen auch darüber, aber tun wir etwas? Wie viele haben schon davon gehört, dass an der Pädagogischen Fakultät „Gyula Juhász” der Universität Szeged ein Institut für Minderheitenkulturen mit mehreren Fächern existiert, die sich direkt an diesen Fragen orientieren. Ein weiteres Fakt ist, dass die meisten von uns während des Studiums im besten Fall ein- oder höchstens zweimal das Nationalitätenhaus in Szeged besucht haben. Aber viele wünschen sich irgendwo ins Ausland zu fahren, um die deutsche Kultur zu erleben und kennen zu lernen.

Dann lass mich bitte, lieber Leser, dir eine Mosaikreise anbieten, in deren Zentrum ausnahmsweise nicht das jedem bekannte Lenau-Haus in Pécs steht.

Zuerst fahren wie nach Harta.hartai festett bútor 1

Das war früher ein von Sümpfen und von Salzboden beherrschtes Gebiet. Seine Besiedlung erfolgte Anfang des 18. Jahrhunderts, dank des damaligen Grundherrn Graf Pál Ráday, der evangelische und reformierte Menschen aus Hessen, der Pfalz, Speyer und Württemberg auf seine Grundstücke einlud. Die rasche Entwicklung der Siedlung ist auch mit der Familie Ráday verbunden, deren Name heute das Bildungszentrum trägt, das für die Einrichtung des Kindergartens, der Grundschule, der öffentlichen Bildung und der Bibliothek verantwortlich ist. Diese Fakten ergeben den deutschen Ursprung der Gemeinde.Die deutschen Einwohner von Harta (Hartau) schützten ihre mitgebrachten Bräuche und hielten sie isoliert, mit den benachbarten ungarischen und slowakischen Nationalitäten hatten sie nur minimalen Kontakt. Sie lebten ohne äußerliche Einflüsse und feierten ihre Feste in dem engen Kreis ihrer Familie. Die Siedler sprachen bis ins 20. Jahrhundert ausschließlich auf Deutsch. Zum Anlass verschiedener Feste sangen sie ihre eigenen Lieder und tanzten nach ihrer eigenen Choreografie. Was die gegenwärtige Situation betrifft, so haben sich die verschiedenen Nationalitäten vermischt, es gibt keine scharfe Trennlinie mehr im Alltag. Natürlich strebt die deutsche Minderheit danach, ihre Werte und Traditionen zu bewahren und diese den Interessierten vorstellen zu können. Im Laufe des Jahres 2012 wurden mehrere Ausstellungsorte etabliert.

Das Dorfmuseum präsentiert Hartauer gemalte Bauernmöbel, weitere Ausstellungsobjekte von besonderem Wert sind die Stücke der örtlichen Volkstracht und die Blaufärberstoffe. Der Stil der gemalten Möbel hat sich schon in der neuen Heimat entwickelt. Anfangs zählte das Braun als Grundfarbe, die Benutzung des Blaus wurde vor dem 20. Jahrhundert populär. Im Allgemeinen dominierte ein Zentralmotiv – der Kreis und der Stern waren beliebt, darum herum wurden die anderen Teile arrangiert. Bevorzugte Muster waren: Blumen, vornehmlich Tulpen, Blätter, Töpfe, aus denen Blumen wachsen, Vögel, ferner abstrakte Formen von Dreiecken und Linien. Dank einer erfolgreichen Ausschreibung ist das Hartauer-Oberländer-Zimmer sowie eine Ausstellung des Malers Tibor Gallé entstanden. Im Ersteren können die Besucher sich mit der Geschichte und Wohnkultur der hier angekommenen Familien vertraut machen. Nach dem zweiten Weltkrieg wurden nämlich 287 deutsche Familien vertrieben und 243 ungarische Familien hauptsächlich von Oberungarn im Dorf angesiedelt. Das Tibor Gallé Gedenkzimmer verfügt nicht nur über kunsthistorischen, sondern auch ortsgeschichtlichen Wert, denn das Thema der Bilder ist eng mit Hartau verbunden.

Zweite Station: Deutsche Bühne in Szekszárd

deutsche bühneSeit 25 Jahren befindet sich das einzige deutschsprachige Theater Ungarns im Komitat Tolnau in einem der schönsten Sezessiongebäude. Das Ziel des Ensembles ist die Pflege und die Vermittlung der deutschen Sprache, ferner die Bewahrung kultureller Werte und Traditionen der Ungarndeutschen. Eine weitere Motivation ist, der ungarischen Mehrheit die deutsche Minderheit näher zu bringen. Mit Synchrondolmetschen können die sprachlichen Schwierigkeiten vermieden werden. Was das Repertoire betrifft: Hier werden vor allem Werke der deutschsprachigen Klassik und der zeitgenössischen Dramaliteratur auf die Bühne gebracht. Natürlich versucht das Ensemble, das Interesse jeder Zuschauergruppe zu wecken und zu bewahren und auch die verschiedenen Jubiläen nicht zu vergessen. Daneben macht die deutsche Bühne landesweit eine Tournee zu dem Zweck, das Interesse der Menschen anzuregen.

Dritte Station: der Anfangspunkt – das Nationalitätenhaus

I1241375_568366186531865_455773889_nch habe drei Alternativen als Ergebnis eines schnellen Brainstormings erwähnt. Jede bietet uns unterschiedliche Möglichkeiten, die deutsche Kultur innerhalb der Landesgrenzen zu erleben. Ich hoffe, dass jeder Leser und jede Leserin Lust bekommen hat, eines dieser Angebote wahrzunehmen. Fangen wir in der Nähe an und schauen wir uns das reiche Angebot des Nationalitätenhauses an. Und lassen wir die Menge der deutschsprachigen Konferenzen, die in Szeged regelmäßig stattfinden, nicht außer Acht.

/ Szabina Danics /