Immer wieder wird in den Medien über Kopftuchdebatten berichtet. Der Streit bezieht sich auf die Frage, ob der Anblick des Kopftuchs von der Mehrheitsgesellschaft akzeptiert oder eher abgelehnt wird, beziehungsweise ob das Tragen des Kopftuchs rechtlich gestattet oder untersagt werden soll.
Aber was steckt hinter diesem kleinen Stück Stoff?
Eine Frau mit einem Kopftuch ist nichts Ungewöhnliches im deutschen Alltag. In Deutschland leben rund 4 Millionen Muslime, was ungefähr 5% der Gesamtbevölkerung ausmacht. Diesen hohen Anteil kann man einfach nicht ignorieren. Der Islam ist eindeutig ein Teil Deutschlands und das Kopftuch ist ein Teil der islamischen Glaubensausübung.
Obwohl es viele nicht wissen, ist das Kopftuch eigentlich keine islamische Erfindung. Es ist schon in vorislamischen Zeiten, im Christentum und im Judentum erschienen. In früheren Zeiten durften nur adelige und verheiratete Frauen ein Kopftuch tragen, das die Würde und den sozialen Status symbolisierte. In späteren Zeiten aber eher die Keuschheit und die Sittlichkeit der Frau.
Laut Koran soll sich eine Muslima ehrenvoll benehmen und von fremden Männern nicht angestarrt werden. Damit sie nicht belästigt wird, soll sie ihren Schmuck bedecken. Laut Überlieferungen des Propheten sind das Gesicht und die Hände diejenigen Körperteile, die sichtbar bleiben können. Dementsprechend gehören auch die Haare der Frau zu ihrer Zierde. Das islamische Kopftuch und der Überwurf verleihen ihrer Trägerin eine eigene Identität und ermöglichen, als Muslima erkannt zu werden.
Statistiken zufolge sind die drei wichtigsten Gründe für das Tragen des Kopftuchs die Folgenden: 1. Das Kopftuchtragen ist eine islamische Vorschrift. 2. Dieses kleine Stück Stoff vermittelt ihren Trägerinnen Sicherheit. 3. Das Kopftuch ermöglicht, als Muslima erkennbar zu sein. Weitere mögliche Gründe: Tradition, modische Gründe, Schutz vor Belästigungen von Männern usw. Es ist wichtig hervorzuheben, dass Zwang oder Erwartungen von Anderen eine geringe Rolle spielen. Im Islam ist es wichtig, dass man alles aus religiöser Überzeugung, freiem Willen und tiefstem Herzen tut.
Normalerweise verschleiern sich die muslimischen Mädchen ab ihrer ersten Regelblutung. Und wenn die Muslimas schon älter sind und nicht mehr beabsichtigen, Kinder zu gebären oder jemanden zu heiraten, können sie das Kopftuch ablegen. Auch wenn sie sich dafür entscheiden, haben sie sich weiterhin sittlich zu verhalten. Natürlich gehen sie aber mit gutem Beispiel voran, wenn sie am Kopftuchtragen festhalten.
Die islamischen Bekleidungsvorschriften sprechen nicht von einer Vollverschleierung. Trotzdem verhüllen Tausende von Frauen ihre Körper vollständig. So zum Beispiel die afghanischen Frauen mit blauen Burkas und die saudi-arabischen Frauen mit schwarzen Niqabs. Die Erstgenannten haben am Kopf ein Gitter aus Stoff, wodurch die Frau blickt. Bei der Letzteren bleibt ein Schlitz für die Augen frei. Sie tragen diese Kleidungen eher aus traditionellen oder kulturellen Gründen als aus religiöser Überzeugung.
Man würde denken, dass man auf den Straßen Deutschlands nie einer vollverschleierten Frau begegnen könnte. Überraschende Einzelfälle gibt es aber immer wieder. Eine deutsche Muslima mit marokkanischem Migrationshintergrund wollte 2011 nach der Elternzeit vollverschleiert auf ihrem Arbeitsplatz, im Frankfurter Bürgeramt erscheinen. Vorher trug die Frau ein Kopftuch, galt als zuverlässig und vorbildlich integriert. Wie sich später herausstellte, hatte die Frau eher einen finanziellen als religiösen Beweggrund. 2006 erschienen zwei Bonner Schülerinnen mit vermeintlichem türkischem oder afghanischem Migrationshintergrund in einem Ganzkörperschleier zum Unterricht. Nachdem sie auch am zweiten Tag in derselben Kleidung zur Schule gegangen waren, wurden sie für zwei Wochen suspendiert. Ihr mögliches Motiv könnte eine gezielte Provokation gewesen sein.
Es gibt Gesetze, die das Tragen des Kopftuchs als Zeichen der Religionszugehörigkeit verbieten. Diese Gesetze sind in den Bundesländern Baden-Württemberg, Bayern, Bremen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und dem Saarland gültig und beziehen sich ausschließlich auf die Lehrkräfte an den öffentlichen Schulen. In Berlin und Hessen ist das Kopftuchurteil für den gesamten öffentlichen Dienst rechtskräftig. Der Grund dafür ist, dass ein Unterricht mit Kopftuch die Schüler beeinflussen und in das Erziehungsrecht der Eltern eingreifen könnte. Den Schülerinnen dagegen ist es erlaubt, ein Kopftuch zu tragen. In wissenschaftlichen Fächern – wenn man mit Feuer arbeitet – oder beim Sportunterricht können die Schülerinnen aufgefordert werden, bestimmte Vorschriften einzuhalten, so z.B. ein Kopftuch ohne Nadel zu tragen, damit sie sich nicht verletzen.
Manchmal stößt man auch bei ihren Freizeitbeschäftigungen auf interessante und außergewöhnliche Einzelfälle. Im März 2013 wollte sich eine Muslima in einem Fitnessstudio einer rheinland-pfälzischen Gemeinde anmelden. Der Frau wurde aber die Mitgliedschaft verweigert, weil sie ein Kopftuch trägt. Die Hausordnung der Fitnesskette fordert bloß Sportbekleidung. Eine andere Muslima verfügte noch ohne Kopftuch über eine Mitgliedschaft bei einer Fitnesskette. Nachdem sie das Kopftuch aufsetzt hatte und ihren ausgelaufenen Vertrag verlängern wollte, wurde ihr bekannt gegeben, dass man ihren Vertrag nur unter Vorbehalt annehmen könnte. Dabei berief man sich auf die hohe Mitgliederzahl. In anderen Fitnessstudios ist das Tragen von Kopftüchern meistens kein Problem.
Im Bereich des Sports findet man immer mehr positive Beispiele. In Köln gibt es seit fünf Jahren die Möglichkeit Sport mit Kopftuch aber ohne Männer zu treiben. In einem Fitnessstudio der Stadt können die muslimischen Frauen ganz ruhig sogar ohne Kopftuch untereinander trainieren, weil der Zutritt den Männern untersagt ist. Hier herrschen sozusagen islamische Regeln: Es gibt abgetrennte Duschkabinen und in der Sauna ist das Saunatuch ein Muss. Manche öffentlichen Schwimmbäder bieten einen Schwimmabend nur für Frauen an. Obwohl es schon eine Mischung aus Burka und Bikini, den sogenannten Burkini (auch Bodykini genannt) gibt und er in zwei Berliner Bädern erlaubt ist zu tragen, haben noch nicht viele die Gelegenheit ausgenutzt.
Es ist festzustellen, dass manche Deutsche sich schon an den Anblick des Kopftuchs gewöhnten und manche immer noch Vorurteile gegen Kopftuchträgerinnen haben. Eins ist sicher: Das Kopftuch ist zurzeit ein Reizthema in Deutschland. Aber dank den verschiedenen Konferenzen und Gesprächen zwischen den Muslimen und Nicht-Muslimen arbeitet man daran, ein friedliches Miteinander zu entwickeln.
/Mónika Fülöp/
Quellen der Bilder:
www.tagesspiegel.de
www.theintelligence.de
www.dontyoubelievethehype.com