Die Heimat der Loreley

Zeitung: 2012/2

Rubrik: Kultur

Aus Ungarn? … Ah, Pálinka!

Ich begann mein Erasmus-Stipendium am 1. Oktober 2012 an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz. Nach der ersten Woche und vielen Informationen bot sich uns die Gelegenheit, uns am Wochenende im Loreley-Tal, in der malerischen Kleinstadt St. Goar erholen zu können.

An der Uni gibt es mehrere Einrichtungen, die speziell für internationale Studierende Programme organisieren, damit sie sich leichter in die neue Umgebung integrieren können. Eines dieser Büros heißt TOM (Tutors of Mainz), das auch den größten Teil der Durchführung dieses zweitägigen Ausfluges auf sich nahm. Die Mitglieder dieser Gruppe sind auch Studierende der Uni, die sich in ihrer Freizeit der Austauschstudierenden annehmen.

Quelle: camping-loreleyblick.de

Quelle: camping-loreleyblick.de

Am Samstag, den 6. Oktober trafen wir uns um 9 Uhr am Hauptbahnhof Mainz. Schon hier warteten Aufgaben auf uns, damit wir einander besser kennen lernen konnten. Um sich wenigstens die Vornamen der anderen merken zu können, wurden sie mit alliterierenden Adjektiven, sozusagen mit schmückenden Attributen versehen: An die lustige Londa, die verrückte Vivi oder die kleine Kata konnte man sich leicht erinnern. Während der Bahnfahrt konnten wir uns dann mit Vokabeln aus der Mainzer Mundart, wie z. B. Worscht (Wurst) oder Atze (Stück) bekannt machen.

Unsere Unterkunft war in einer Jugendherberge, von der aus wir einen wunderschönen Blick auf den Rhein hatten. Die Stadt bot uns außer ihren Schönheiten auch spannende Geschichten, wie zum Beispiel die nachfolgende:

Nach den Bewohnern lebten in der Stadt einmal zwei Hexen in einem Turm. Eine der Hexen war gut und sagte die Wahrheit, die andere war aber böse und log immer. Der Turm hatte zwei Türen, die eine ging nach dem Reichtum und der Glücklichkeit, die andere nach dem Tod. Wenn ein Wanderer in dem Turm ankam, empfing ihn eine der Hexen, aber er wusste nicht, ob sie die richtige oder die böse Hexe war. Noch dazu hatte er nur eine Frage, um aufzudecken, welches die richtige Tür war.

Die Organisatoren wollten wissen, ob wir klug genug sind, eine Frage so zu stellen, dass wir aus der Antwort – egal, ob sie richtig oder falsch ist – sicher wissen, welche die richtige Tür ist. Am Sonntag stand eine Bergwanderung auf dem Plan. Die Burg Rheinfels ist die größte und eine der großartigsten Burgruinen am Rhein. Sie wurde im 13. Jahrhundert errichtet und bis ins 19. Jahrhundert ständig vergrößert. Sie hat nicht nur zu Kriegszeiten, sondern auch in dem Handel auf dem Rhein eine große Rolle gespielt. Aber schon der wunderschöne Anblick ist die Mühe der Bergwanderung wert.

Am Nachmittag machten wir einen Ausflug zur Loreley. Diese geologische Erscheinung ist ein Felsen aus Schiefer. Die Felsbrocken, die aus dem Wasser ragten, haben die Schifffahrt auf dem Rhein lange erschwert, viele sind hier ums Leben gekommen. Es nimmt nicht wunder, dass es viele Geschichten und Sagen darüber gibt. So zum Beispiel:

Einmal lebte in der Stadt ein wunderschönes Mädchen mit blonden Haaren, die Loreley hieß. Sie hatte eine Liebe, Ritter Eberhard, der einen Tag in den Krieg gehen musste. Um ihren Schmerz zu lindern, besuchte die wunderschöne Jungfrau immer die Felsen an dem Ufer des Rheines, kämmte sich die wunderschönen Haare und fing an zu singen. Ihr Lied war so traurig, so hinreißend, dass die Seeleute, die es hörten, sofort in die Richtung der Stimme und Schönheit fuhren. Der Fluss war hier aber so gefährlich, dass sie von den Wellen verschlungen wurden.

Die Geschichte hat auch Heinrich Heine inspiriert. Sein Gedicht (Ich weiß nicht, was soll es bedeuten) wurde von Friedrich Silcher vertont, so entstand das so genannte Loreleylied.

Nach vielen schönen Eindrücken und Erlebnissen kehrten wir nach Mainz zurück. Ich habe mir fest vorgenommen, einmal auch mit Freunden oder meiner Familie hierher zu kommen, damit auch sie einmal dieses einzigartige Naturphänomen sehen und wissen, was es heißt, wenn von der Loreley die Rede ist.

 Katalin Pajor