Eine ungewöhnliche Klassik nach 1945

Autor: Lilla Szőke-Kis

Zeitung: 2014/2

Rubrik: Germanistik

Gastvortrag zu Peter Handke

Der Name von Peter Handke sollte für die StudentInnen der Universität Szeged bekannt klingen, da es an der Universität Seminare gibt, die sich mit dem Autor beschäftigen. Für diejenigen, die Handke doch nicht kennen, eine kurze Vorstellung: Peter Handke ist einer der bekanntesten Autoren der österreichischen Gegenwartsliteratur. Er ist nicht nur als Schriftsteller, sondern auch als Übersetzer tätig und er wurde vielfach ausgezeichnet

Der Vortragende war Dr. Hans Höller, Germanist und Professor für Neuere deutsche Literatur am Institut für Germanistik der Universität Salzburg. Er spezialisierte sich im Laufe seiner wissenschaftlichen Tätigkeit u. a. auf Peter Handke, dem er schon 2007 eine Monographie widmete. Anlässlich des 70. Geburtstags des Schriftstellers erschien Höllers Studie Eine ungewöhliche Klassik nach 1945. Das Werk Peter Handkes (Suhrkamp 2013).

Der Vortrag fand am 4. November 2014 um 14 Uhr im Konferenzraum der Geisteswissenschaftlichen Fakultät der Universität Szeged statt. Am Anfang des Vortrags stellte Dr. habil. Attila Bombitz den Gast Dr. Höller in ein paar Worten vor und dann begann der Vortragende mit der Rede. Er beschäftigte sich mit der Problematik des Begriffs des Klassischen nach 1945. Außerdem erklärte er auch die Poetologie von Handke anhand ausgewählter Textbeispiele.

Im Allgemeinen verbindet man den Begriff Klassik mit den folgenden Begriffen: Schönheit, Wahrheit, Zeitlosigkeit, Formen. Handke hat seinen Anspruch auf die Schönheit und auf das Klassische in seiner Rede zur Verleihung des Franz-Kafka-Preises 1979 formuliert. In dieser Rede sprach er darüber, dass Kafkas Werk für ihn eine Form des Weltwissens darstellt, dadurch er zu seinem eigenen Schreiben gelangte. Ein anderes Weltbild findet er im Werk Goethes, das er mit heterodoxen Denk-Traditionen in Beziehung setzte. Laut Dr. Höller liege das Novum von Handkes Werk gegenüber der Weimarer Klassik darin, dass er das dort unterbelichtete Soziale ins Spiel bringt, literarisch den Weg nach unten geht, zu den Nicht-Privilegierten und die mediale Dimension der Sprache mitdenkt. Handkes Sinn für Arbeit und menschliche Würde bildet das Zentrum seiner Idee des Klassischen. Er hat einen Arbeitsbegriff geprägt, in dem er die Arbeit als literarisches Bild betrachtet.

Die Textbeispiele (Die Hornissen; Wunschloses Unglück; Die Wiederholung; Die Geschichte des Bleistifts), die Dr. Höller mitbrachte, spiegelten die Poetik Handkes. Während bei Kafka der Sündenfall und das „retten” im Mittelpunkt steht, spielt die Schuld in Handkes Texten keine Rolle mehr. Bei ihm sind die Farben und die Natur von großer Bedeutung. Außerdem sind die klassischen Goetheischen Begriffe wie Naturversenkung und „das Leiden des Lichts” auch wichtig in Handkes Poetik. In seinen Werken sind nicht nur die Wirkung von Kafka und Goethe zu erkennen, sondern auch die Wirkung von Walter Benjamin (Messianismus) und Baruch Spinoza (Begriff der Ethik). Schließlich bedankte sich Dr. Höller für die Aufmerksamkeit und es konnten Fragen an den Vortragenden gestellt werden. Am Ende seines 90-minütigen Referats hatte man ein umfassendes Bild über Peter Handkes Klassik.

/Lilla Szőke-Kis/