Timur Vermes: Er ist wieder da

Autor: Fruzsina Halasi

Zeitung: 2013/1

Rubriken: Kultur, Lesermeinungen

„Germany’s next Top-Führer”

Berlin, 30. August 2011. Auf einem leeren Grundstück erwacht ein 56-Jähriger in einer dreckigen, nach Benzin stinkenden Uniform. Kein Waffenkrach, keine Panzer, keine Soldaten, ohne Eva, ohne den Führerbunker, ohne Goebbels. Man sieht nur Fußball spielende Kinder und den größten Frieden auf den Straßen. Na ja, die Buben sind noch zu jung, um in der Wehrmacht zu kämpfen, deshalb verbringen sie die Zeit mit dem Spiel auf der Straße.

Der Typ in Uniform ist Adolf Hitler selbst, der gestern noch den Zweiten Weltkrieg führte, der heute aber schon im total friedlichen Berlin erwacht. Von Anfang an wird von einem Ich-Erzähler darüber berichtet, wie der Führer mit dem heutigen Deutschland klarkommt.

Die erste Station seines neuen Lebens ist ein Zeitungskiosk, (Ausgezeichnet! Es mangelt trotz des Krieges nicht mehr an Papier!) wo die bunten Blätter seine Aufmerksamkeit erwecken, dessen Krämer dann zu seinem ersten Verbündeten in der neuen Welt wird.

Von dem neuen „Bunker”, der Bude des Zeitungskrämers, aus betrachtet, konstatiert der Führer manchmal traurig, manchmal von Freude erfüllt, wie sehr sich das Land in den vergangenen 60 Jahren veränderte – obwohl Deutschland den Krieg verlor, dienen zum Beispiel unglaublich viele Türken dem großartigen deutschen Volk (Schon wieder ausgezeichnet!), es genügt zum Beispiel nur in die Reinigung zu gehen, um das zu erfahren.

Den komischen Mann, der sich selbst nur Hitler nennt, nimmt in der Tat niemand ernst, eine TV-Gesellschaft bietet ihm dennoch eine sehr gute Möglichkeit: Er tritt im Fernsehen mit seiner komischen „Hitler-Nummer” als Komiker auf, wird aber mit der Zeit immer mehr als ein Kritiker des heutigen politischen Lebens und der Gesellschaft betrachtet.

Eine der gefürchtetsten Figuren der Weltgeschichte hat immer mehr Verbündete, sogar Freunde, und beginnt wieder Anhänger zu sammeln. Ein Narr, der dennoch oft die große Wahrheit sagt.

timur vermesTimur Vermes behandelt in seinem Buch ein Tabuthema, das in der deutschen Gesellschaft seit 60 Jahren sehr heikel ist. Er benutzt die fantastische Führerfigur und deren Perspektive, um an der heutigen deutschen Gesellschaft Kritik zu üben. Der Führer wundert sich, analysiert, fragt, erklärt und diskutiert mit den heutigen Politikern, um ein Bild des manchmal fehlerhaften, aber dennoch erfolgreichen Deutschlands zu zeichnen. Dass er das tun kann, liegt daran, dass er seine Hauptfigur als eine Art Narr mit der passenden Narrenfreiheit darstellt. So darf „der Hitler” auch echt heikle Themen behandeln, das hat keine große Bedeutung, weil niemand ihn ernst nimmt. Aber wie könnte man jemanden ernst nehmen, der im 21. Jahrhundert Adolf Hitler heißt?

/ Fruzsina Halasi /